Das Phänomen Hasskriminalität ist nicht neu, wird aber in der EU mit zunehmender Sorge beobachtet. Denn Hasskriminalität gefährdet den sozialen Frieden. Darum gilt es, mit den Opfern sensibel umzugehen und den Täterinnen und Tätern klare Grenzen aufzuzeigen. Sei es offline oder online. Richteramtsanwärter*innen setzten sich bei Trainings im Rahmen des EU-Projektes „Hate No More“ mit der Thematik intensiv auseinander.
Richter*innen werden grundsätzlich mit schwierigen Lebenssituationen von Parteien und Personen konfrontiert. Nach Richterin und Richter wird dann gerufen, wenn sich keine andere Lösung mehr finden lässt und wenn dringend jemand gebraucht wird, die/der wieder Rechtsfrieden schaffen kann. Oder wenn strafrechtliche Grenzen überschritten werden und jemand wieder dem Recht Geltung verschaffen muss – in letzter Konsequenz mit den harten Mitteln des Strafrechts.
In den letzten zehn Jahren setzten sich Strafverfolgungsbehörden intensiv mit Fragen des Opferschutzes und der Opferrechte auseinander. Doch es gibt gesellschaftlich brisante Themen, die auch für Profis Herausforderungen darstellen. So etwa das Phänomen Hasskriminalität. Einzelne Personen werden mitunter Opfer einer Straftat, weil ihnen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zugeschrieben wird, die Einzeltäter*innen als Anlass nehmen, diese Person zu verletzen, zu beleidigen oder zu demütigen. Soziale Medien funktionieren dabei oft wie Brandbeschleuniger und führen zu einer zeitlich und räumlich grenzenlosen Ausdehnung von Hass. Doch das Internet ist keinen rechtsfreien Raum, strafbare Handungen wie Gefährliche Drohung, Beharrliche Verfolgung oder Verhetzung müssen entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen.
Im Rahmen des EU-Projektes „Hate No More“ veranstaltet der WEISSE RING – Verbrechensopferhilfe Trainings für Mitarbeiter*innen von Opferhilfe-Einrichtungen sowie für Strafverfolgungsbehörden. In Wien wurde in Zusammenarbeit mit dem Oberlandesgericht Wien ein eintägiges Training für Richteramtsanwärter*innen angeboten. „Die Ausbildung in der Justiz genießt zu Recht einen ausgezeichneten Ruf. Fachlich ist sie sicher eine der besten juristischen Ausbildungen europaweit. Aber es ist noch einmal etwas ganz Besonderes, dass hier nicht nur Gesetze Platz haben, sondern auch gesellschaftlich risante Themen“, meint Dina Nachbaur, Geschäftsführerin des WEISSEN RINGES, über das Training. Denn die Auseinandersetzung mit Hasskriminalität setze immer auch die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit eigenen Vorurteilen voraus. Daher wird im Rahmen des Trainings nicht nur theoretisches Wissen vermittelt, sondern ein Schwerpunkt auf die Bearbeitung von Fällen aus der täglichen Praxis gelegt. Bei den Richteramtsanwärter*innen kommt das Training gut an. So meint ein Richteramtsanwärter: „Im Rahmen des Spezialtages konnten wir unser Wissen über die zunehmende Problematik der Hasskriminalität und die damit verbundenen rechtlichen Schwierigkeiten vertiefen. Auch konnten wir anhand konkreter Fallbeispiele wertvolle Einblicke in die Perspektive der Opfer und deren spezifische Bedürfnisse und Ängste gewinnen.“