Das Oberlandesgericht Wien hat die Kronen-Zeitung zu einer Entschädigungsleistung iHv EUR 40.000,– (Höchstbetrag) verpflichtet, weil sie derart über ein Strafverfahren berichtet hat, dass das Opfer identifizierbar war, ohne dass an der Identifikation des Opfers ein berücksichtigungswürdiges und überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit bestand. Die Frau war Opfer einer strafbaren Handlung gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung. In der Berichterstattung wurde sie durch u.a. Anführung des Alters, der Staatsbürgerschaft, des Berufs und des Umstands, wo sie sich in der Silvesternacht 2015/2016 aufhielt, identifizierbar gemacht.
Die Kronen-Zeitung berichtete im Februar 2017 in ihrer Print-Ausgabe und auf der Homepage über einen Gerichtsprozess, bei dem sich mehrere Angeklagte wegen des Vorwurfs, in der Silvesternacht 2015/2016 eine junge Lehrerin vergewaltigt zu haben, verantworten mussten. Das Opfer fühlte sich durch die Berichterstattung in ihrer Privatsphäre verletzt, weil sie durch die Berichte als Opfer einer Sexualstraftat identifizierbar gemacht wurde. Sie brachte daraufhin eine Klage nach dem Mediengesetz ein. Das Erstgericht sprach ihr eine Entschädigung von EUR 4.500,– bzw. EUR 3.500,– für den Print-Artikel sowie für den Online-Artikel zu, weil durch die Berichterstattung ihr höchstpersönlicher Lebensbereich verletzt wurde.
Das Oberlandesgericht Wien bestätigte das Urteil inhaltlich, weil durch die Anführung des seltenen Vornamens des Opfers, durch ihr Alter, ihre Staatsbürgerschaft und den Umstand, dass sie Lehrerin ist und in der Silvesternacht 2015/2016 mit ihrer in Wien lebenden, gleichaltrigen Freundin unterwegs war, das Opfer für einen größeren Personenkreis identifizierbar wurde. Außerdem erhöhte das Oberlandesgericht Wien die Entschädigung unter Hinweis auf das massive Unrecht auf den Höchstbetrag von EUR 20.000,– für den Print-Artikel und EUR 20.000,– für den Online-Artikel.
OLG Wien 18 Bs 185/17p
Autor: Martin Kühlmayer, Landesleiter Wien