Am 18.11.2020 präsentierten die Ministerinnen Alma Zadić und Karoline Edtstadler die Regierungsvorlage zum Gesetzespaket gegen Hass im Netz. Im Zuge des Begutachtungsverfahrens war der WEISSE RING eingeladen, eine Stellungnahme zu verfassen.
„Das Gesetzespaket zur Bekämpfung von Hass im Netz ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Einzelne langjährige Forderungen des WEISSEN RINGS werden aufgegriffen wie beispielsweise die Anhebung des Entschädigungsbetrags bei Persönlichkeitsverletzungen durch Medien oder auch die Ausweitung der Prozessbegleitung für Kinder und für Opfer von Hass im Netz“, stellt Präsident Udo Jesionek fest. „Allerdings fehlt auch hier wieder der so wichtige Schritt einer Regelung der Datenweitergabe an Opferunterstützungs-Einrichtungen, die für Betroffene den Zugang zum Recht vereinfachen würden.“
Insgesamt positive Bewertung
Neue Straftatbestände
Bereits existierende Straftaten im Netz wie das Cybermobbing oder die Hetze im Netz sollen nun erweitert werden. Es soll auch das sogenannte „Upskirting“, wie beispielsweise heimliche Videoaufnahmen in Toiletten, unter Strafe gestellt werden. Bis jetzt gab es immer wieder Fälle, wo etwa heimliche Bildaufnahmen in Umkleidekabinen strafrechtlich nicht verfolgt werden konnten, da man die Bilder den einzelnen Opfern nicht zuordnen konnte. Dies soll sich nun ändern, was der WEISSE RING besonders befürwortet.
Persönlichkeitsverletzungen durch Medien
Um Persönlichkeitsverletzungen von Verbrechensopfern durch Medien, wie etwa die unrechtmäßige Bekanntgabe der Identität, zurückzudrängen, fordert der WEISSE RING seit vielen Jahren die Anhebung der Obergrenze des Entschädigungsbetrages für Persönlichkeitsverletzungen durch Medien auf mindestens EUR 100.000. Dies findet sich nun auch im Entwurf wieder, um in Hinblick auf die wirtschaftliche Existenz der Medieninhaber*innen die notwendige abschreckende Wirkung zu entfalten.
Ausweitung der Prozessbegleitung
Eine langjährige Forderung des WEISSEN RINGS ist auch die Ausweitung der juristischen und psychosozialen Prozessbegleitung für Kinder und Opfer von Hass im Netz. Bisher bekamen Minderjährige, die unmittelbare Zeug*innen einer Straftat waren, nur Prozessbegleitung, wenn es eine Straftat mit Todesfolge war. Das Miterleben müssen von Gewalt wirkt sich jedoch auf Kinder besonders nachhaltig und langfristig aus, weshalb jetzt auch minderjährige Zeug*innen von häuslicher Gewalt Prozessbegleitung in Anspruch nehmen können sollen. Der WEISSE RING jedoch fordert, dass allen unmittelbaren Zeug*innen einer schweren Gewalttat Prozessbegleitung gewährt wird, da diese zumeist schwer traumatisiert sind und eine professionelle Begleitung durchs Gerichtsverfahren benötigen.
Darüber hinaus sollen Opfer von typischen Hass-im-Netz-Delikten Prozessbegleitung in Anspruch nehmen können. Dabei soll es in Zukunft auch für Opfer, die zum Beispiel in Social-Media-Postings beschimpft werden, die Erleichterung geben, dass Ermittlungsmaßnahmen zur Ausforschung der Täter*innen angeordnet werden können und dies die Opfer nicht mehr – wie bisher oft leider meist erfolglos – selbst tun müssen.
Zur vollständigen Umsetzung der EU-Opferschutz-Richtlinie sollten jedoch Opfer von Hasskriminalität in die Liste der im Gesetz genannten besonders schutzbedürftigen Opfer aufgenommen werden, damit sie als Opfer bestimmte Rechte im Strafverfahren haben und zum Beispiel besonders schonend vernommen werden müssen.
Was nach wie vor fehlt
Die Forderung des WEISSEN RINGS nach Weitervermittlung der Opfer von Straftaten an Opferunterstützungs-Einrichtungen ist nach wie vor offen. Es zeigt sich in der Beratungspraxis ebenso wie in aktuellen Studien, dass Opfer von Straftaten nach wie vor viel zu wenig über ihre Rechte und über die bestehenden Unterstützungsmöglichkeiten Bescheid wissen. Die direkte Weitervermittlung durch die Polizei geschieht bisher nur bei bestimmten, klar definierten Fällen häuslicher Gewalt. Dort hat sich die Weitervermittlung auch bewährt und führt dazu, dass die Opfer vermehrt bei den zuständigen Einrichtungen andocken.
Der WEISSE RING fordert daher zum wiederholten Mal eine gesetzliche Grundlage, damit alle Opfer von Straftaten an Opferunterstützungs-Einrichtungen vermittelt werden können.
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