Justizministerin Zadic und Innenminister Karner beim Tag der Kriminalitätsopfer 2025

Tag der Kriminalitätsopfer 2025

Symposium / Einmal im Jahr, am 22. Februar, stehen Verbrechensopfer und ihre Bedürfnisse europaweit im Mittelpunkt von Veranstaltungen und Diskussionen. Aus diesem Anlass luden der WEISSE RING und das Bundesministerium für Inneres auch heuer wieder gemeinsam zu einem Symposium ein. Die Veranstaltung fand bereits zum 15. Mal statt und befasste sich mit dem Thema „Schadenersatz für Kriminalitätsopfer – eine Selbstverständlichkeit oder ein unerreichbares Ziel?“ Sie wurde live gestreamt, die Aufzeichnung steht online zur Verfügung.

Die Veranstaltung begann mit einer Schweigeminute für die Opfer des Terroranschlags in Villach am 15. Februar. Sowohl Innenminister Gerhard Karner als auch Justizministerin Alma Zadić drückten ihre Betroffenheit und ihre Anteilnahme aus. Beide bedankten sich ausdrücklich bei allen Helfer:innen. „Opfer brauchen verlässliche Anlaufstellen, die sie begleiten und ihnen zu ihrem Recht verhelfen. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Opferhilfe, der Opferschutzeinrichtungen sowie des WEISSEN RINGS und allen Beratungsstellen für Gewaltbetroffene in Österreich“, betonte Justizministerin Alma Zadić. Sektionschef Martin Zach vom Sozialministerium ging unter anderem auf das Verbrechensopfergesetz (VOG) als eine Form der Entschädigung ein, die für Opfer auch eine Anerkennung ihres Leids bedeutet.

Keine Straftat ohne Schaden

Auch Angelika Schäffer-Fischill betonte in ihrer Eröffnungsrede, dass manche Zahlungen für Verbrechensopfer eher symbolisch zu sehen sind. Sie bedeuten aber vielfach eine wichtige Unterstützung im Sinne der offiziellen Anerkennung des erlittenen Schadens. In ihrer Rede wies sie auch auf die Rolle der Polizei beim Thema Schadenersatz hin. Diese ist zwar keine offensichtliche, aber eine zentrale. Ohne Polizei gibt es keine Ansprüche auf Schadenersatz oder finanzielle Hilfestellungen. Am Beginn steht stets die Erstattung der Anzeige bei der Polizei. Die Polizist:innen sind erste Ansprechpartner:innen für Opfer von Gewalt. Zahlreiche wissenschaftliche Studien belegen, wie wichtig die polizeiliche Intervention für die Opfer ist und welche Auswirkungen dieser Erstkontakt auf die Betroffenen haben kann. Auch kommt der Polizei eine wichtige Rolle in Sachen Aufklärung und Information betreffend Opferrechte und Unterstützungseinrichtungen zu.
Im Namen des WEISSEN RINGS erhob Schäffer-Fischill in der Eröffnungsrede zwei Forderungen:

  • Die intensiven Bemühungen des WEISSEN RINGS, eine Datenweitergabe analog den Opfern von von Gewalt im privaten Nahbereich auch für Opfer situativer Gewalt zu regeln, wurden nunmehr im § 66 StPO im Rahmen des Strafprozessrechtsänderungsgesetzes 2024 zum Teil umgesetzt. Eine Adaptierung ist aber sinnvoll und anzustreben, um die notwendige Unterstützung und Gleichbehandlung aller Opfer zu garantieren. Schäffer-Fischill forderte außerdem die zeitnahe und eingehende Ausbildung von Polizist:innen zur Umsetzung der Regelung. Sie berichtete, dass innerhalb der Polizei bereits entsprechende Konzepte in Ausarbeitung sind. In diesem Zusammenhang unterstrich sie einmal mehr die gute Zusammenarbeit zwischen BMI und WEISSEM RING.
  • Entwicklungsbedarf im Verbrechensopfergesetz (VOG)
    Das Verbrechensopfergesetz hat zwar seit 1972 zahlreiche Änderungen durchlaufen. Die Pauschalbeträge sind allerdings seit 2013 nicht mehr erhöht worden. In Zeiten der Teuerung ist eine Valorisierung dringend erforderlich. Auch besteht Bedarf, das Leistungsspektrum auszuweiten, etwa um den Kostenersatz für Tatortreinigung.

Lyane Sautner, Universitätsprofessorin an der JKU Linz und Mitglied Präsidium WEISSER RING, beleuchtete in ihrem Vortrag die verschiedenen Möglichkeiten des Schadenersatzes im österreichischen Rechtssystem. Sie hob hervor, dass über 70% der Opfer materielle oder finanzielle Schäden erleiden. In der Viktimologie zeigt sich klar: je besser sich Opfer entschädigt fühlen, desto besser können sie ihre Opfer-Erfahrung hinter sich lassen. Dies sollte ein Ansporn für uns alle sein, die Entschädigung zu verbessern.

Susanne Kammerhofer, Teamkoordinatorin im Fachbereich Opferhilfe des WEISSEN RINGS und zuständig für die
Lehrgangsleitung der österreichweiten Prozessbegleitungs-Ausbildung für Situative Gewalt, konzentrierte sich auf Erfahrungsberichte aus der Praxis der Opferarbeit. Ihr Fazit: Für Opfer ist Gerechtigkeit, Schutz und „abschließen können“ vorrangig. Es gibt einige gute Instrumente im Österreichischen Recht, die Opfern helfen, ihre Ansprüche durchzusetzen, aber auch für Opfer sehr frustrierende Lücken. Ohne anwaltliche Beratung/Vertretung ist Schadenersatz in vielen Fällen für Laien kaum durchschaubar oder durchsetzbar.

Karin Portmann, Bereichsleiterin der Direktion der Justiz und des Innern und verantwortlich für die Kantonale Opferhilfestelle im Kanton Zürich, berichtete über die Grundlagen und Leistungen der Opferhilfe in der Schweiz. Sie gab einen kurzen Überblick über die Ziele der Opferhilfe in der Schweiz und die Leistungen und die Organisation in Zürich. Das Schweizer Recht kennt einerseits die Entschädigung z.B. für einen Erwerbsausfall oder Bestattungskosten. Andererseits gibt es die Genugtuung, die ein Solidaritätsbeitrag ist und nach der Schwere der Integritätsverletzung wie z.B. Dauer der Arbeitsunfähigkeit bemessen wird. Die Genugtuung ist im Gegensatz zur Entschädigung unabhängig von den finanziellen Verhältnissen der Opfer.

Paneldiskussion

Im Anschluss an die Impulsvorträge leitete Caroline Kerschbaumer, Leiterin Fachbereich Opferrechte beim WEISSEN RING, eine Paneldiskussion zum Thema des Tages.

Auf dem Podium saßen

  • Heidrun Reiter, Leitung Verbrechensopferentschädigung und Heimopferrente, Sozialministeriumsservice Wien
  • Natascha Smertnig, Geschäftsführerin WEISSER RING
  • Franz Galla, Rechtsanwalt
  • Erika M. Wagner, Professorin am Institut für Umweltrecht der Johannes Kepler Universität Linz

In der Diskussion vermerkte Rechtsanwalt Franz Galla in Bezug auf das Thema des Tages: „Unerreichbar ist es (das Ziel Entschädigung, Anm.) nicht, aber der Weg kann durchaus steinig sein.“ Die Teilnehmer:innen waren sich über die positive Möglichkeit, die das VOG für Verbrechensopfer darstellt, einig. Natascha Smertnig vom WEISSEN RING merkte allerdings an, dass das VOG z.B. den Tatbestand Terror nicht kennt und deshalb keine entsprechenden, europäisch vergleichbaren höheren Leistungen für Terroropfer vorsieht. Um diese Lücke zu schließen war nach dem Terroranschlag von Wien im November 2020 der Terroropfer-Fonds von der Republik Österreich zur Verfügung gestellt.

Abgesehen von den in der Eröffnungsrede erhobenen Forderungen hob das Panel Handlungsbedarf bezüglich der folgenden Themen hervor:

  • eine Reform des Schadenersatzes im Zivilrecht, vor allem was Schock- und Trauerschäden betrifft
  • mehr Aufklärungsarbeit zu Opferrechten an Schulen
  • eine bessere juristische Ausbildung zum VOG
  • eine größere Offenheit von Strafgerichten, was psychische Schäden betrifft

Für Privatpersonen sei es wichtig, bei Privatbeteiligung im Prozess Unterlagen wie z.B. Gutachten oder Diagnosen gut vorzubereiten und sich in jedem Fall kompetente Beratung zu holen. Darüber hinaus sollte man sich auch gut überlegen, eine Verzichtserklärung z.B. im Rahmen eines Tatausgleichs zu unterschreiben, da damit auch ein Verzicht auf die Entschädigung gemäß Verbrechensopfergesetz verbunden ist.

Titelfoto: BMI/Makowecz
Alle weiteren Fotos: BMI/Bosina

Weitere Informationen zum Tag der Kriminalitätsopfer:
Bericht des BMI über die Veranstaltung
Der Tag der Kriminalitätsopfer 2011-2024
Victim Support Europe – European Day for Victims of Crime 2025

02 / 2025

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