„Ich hab das noch nie jemandem erzählt. Es ist mir so peinlich.“ Diesen Satz bekommen die Berater:innen in der Opferhilfe gerade von Betrugsopfern fast immer zu hören. Der oder die Betrogene schämt sich: „Wie konnte mir das nur passieren!“ In Ruhe und aus der Distanz betrachtet erscheinen die Maschen, mit denen professionelle Banden ihre Opfer abzocken, meist leicht durchschaubar. Doch diese Zeit lassen Trickbetrüger:innen ihren Opfern nicht. Sie machen Druck, appellieren an die Hilfsbereitschaft, drängen auf rasches Handeln und schüren die Angst um liebe Angehörige oder vor dem Verlust des eigenen Geldes.
Die Dunkelziffer bei Betrugsopfern ist hoch. Diverse Studien haben gezeigt, dass Betroffene es sehr oft nicht wagen, sich jemandem anzuvertrauen. Dahinter steckt neben der Scham auch die Angst der Geschädigten, es könnten ihnen Vorwürfe gemacht und (Mit)Verantwortung gegeben werden (vgl. Deevy et al, 2012). Das reicht bis hin zur Bitte einer alten Dame, ihrem Sohn auf keinen Fall zu erzählen, was passiert sei, denn „sonst sagt er, dass ich nicht mehr allein wohnen kann und verlangt, dass ich ins Heim ziehe.“
Diese völlig natürliche Reaktion ist Teil des Konzepts der Betrüger. Denn es geht immer auch darum, Opfer von der Hilfe durch ihr soziales Umfeld abzuschneiden.
Betrug hat viele Gesichter
Die Bandbreite reicht von Neffen- und Polizistentrick über Liebesbetrug (Love-Scam), Handwerker,- Umzugshilfe,- und Schlüsseldienstabzocke, suspekte Crypto-Investitionsplattformen, Phishing-Mails bis hin zu erpresserischen E-Mails, in denen behauptet wird, man hätte das Opfer beim Porno-Schauen gefilmt. Und es kommen ständig neue Spielarten dazu. Sehr oft stecken professionell agierende Banden dahinter. In den vergangenen Jahren haben sich derartige Aktivitäten vermehrt ins Internet verlagert. Aber auch das Telefon kommt nach wie vor zum Einsatz. Und Geld oder Wertsachen werden wahlweise abgeholt, müssen irgendwo hinterlegt werden oder es wird um Überweisung auf ein Konto gebeten. Allen Varianten gemeinsam ist: Das Geld – oft im fünf- und sechsstelligen Euro-Bereich – ist unwiederbringlich weg. Das ist auch dann der Fall, wenn die Delikte aufgeklärt und die Täter:innen gefasst werden sollten.
Auswirkungen auf die Opfer
Sowohl finanziell als auch psychisch können die Auswirkungen für Betrugsopfer beträchtlich sein. So kam eine amerikanische Studie aus dem Jahr 1990 zu dem Schluss, dass diese mit den Folgen körperlicher Gewalt vergleichbar sind. Generalisierte Angststörungen sowie schwere Depressionen bis hin zu Suizidalität sind in beiden Fällen die häufigsten psychiatrischen Folgen.
Der finanzielle Verlust befindet sich in vielen Fällen in einer Höhe, die existenzbedrohlich ist.
Betrug ist kein Kavaliersdelikt
Aus rechtlicher Sicht verwirklicht derjenige das Delikt des Betrugs, der jemanden
- durch Täuschung über Tatsachen
- zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung verleitet,
- die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt.
Dabei muss der:die Betrüger:in mit dem Vorsatz handeln, sich durch das Verhalten des:der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern.
Im Falle einer gerichtlichen Verurteilung drohen den Täter:innen Haftstrafen von bis zu zehn Jahren. Der Strafrahmen ist von verschiedenen Faktoren abhängig. So droht beispielsweise bei einem Schaden von bis zu EUR 5.000 eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten. Wenn der durch den Betrug entstandene Schaden EUR 5.000 übersteigt, liegt schwerer Betrug vor. Dieser zieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren nach sich. Entsteht durch die Tat ein Schaden, der EUR 300.000 übersteigt, kann eine Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren verhängt werden.
Wie man sich schützen kann
Der WEISSE RING hat gemeinsam mit der Polizei Wien vier einfache Tipps zusammengestellt, die dabei helfen sollen, Trickbetrüger:innen nicht auf den Leim zu gehen.
- Brechen Sie Telefonate, in denen Geld oder das Aushändigen von Wertsachen gefordert wird, sofort ab.
- Die Polizei verlangt weder Bargeld zur Schadensbegleichung oder als Kaution noch sammelt sie Wertgegenstände ein.
- Übergeben Sie niemals Bargeld oder Wertgegenstände an unbekannte Personen.
- Wenn Sie unsicher sind, rufen Sie den österreichweit gültigen dreistelligen Polizei-Notruf 133.
Zum Weiterlesen
- Broschüre Information hilft
- Broschüre Sicher in Wien
- Ältere Menschen als Opfer von Straftaten
- Beispiele
- Watchlist Internet
- Der Betrug mit der Liebe
- Achtung. Passwort-Klau!
- Information auf
Quellen
- Deevy, Martha/Lucich, Shoshana/Beals, Michaela (2012): Scams, Schemes & Swindles. A review of consumer financial fraud research. Financial Fraud Research Center. Stanford: Stanford Center of Longvity. Online verfügbar [30.05.2022]
- Ganzini, Linda/Bloom, Joseph (1990): Victims of fraud. Comparing victims of white collar and violent crime. In: The Bulletin of the American Academy of Psychiatry and the Law. Feb. 1990. unter [24.05.2022]
- Nkotagu, Gabriel Hudson (2011): Internet Fraud. Information for Teachers and Students. In: Journal of International Students. Vol 1 Issue 2. [24.05.2022]
- Thiel, Christian (2016): Die Praxis der Täuschung – ein analytisches Modell von Betrugsmaschen In: Krise – Kriminalität – Kriminologie. Forum Verlag Godesberg. Mönchengladbach [30.05.2022]
- watchlist internet (2022): https://www.watchlist-internet.at/ [24.05.2022]
Erstellt von:
Susanne Kammerhofer
Anna-Maria Pertl
Brigitta Pongratz