Stellungnahme des Netzwerks Kriminalpolitik zu den am 11.11.2020 präsentierten Antiterrorplänen der österreichischen Bundesregierung.
In Situationen wie nach dem Terroranschlag in Wien vom 2. November 2020 läuft die Politik Gefahr, auf der Suche nach Schuldigen Gesetze zu rasch und überschießend zu verschärfen und Grundrechte auszuhöhlen. Eine vernunftgeleitete Kriminalpolitik hat das Ziel, auch in solchen Zeiten angemessen und mit Bedacht zu reagieren.
Vor einer genauen Untersuchung der Ereignisse und Abläufe dürfen keine Forderungen nach Rückbau bedingter Entlassungen oder die Einführung einer Sicherungs- bzw. Präventivhaft erhoben werden. Aktuell wird das Pferd von hinten aufgezäumt. Tatsächlich ist eine rasche und umfassende Gefährdungseinschätzung durch die Polizei die Grundvoraussetzung effizienter Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung. Dafür müssen auch die erforderlichen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Die vorschnelle Schuldzuweisung an die Justiz war unangebracht, zumal die Tat mit den bisherigen bestehenden Mitteln und Instrumenten zu verhindern gewesen wäre. Infolgedessen besteht kein Grund für Schnellschüsse. Das von der Regierung präsentierte Anti-Terror-Paket bedarf vielmehr einer eingehenden Diskussion. Vernünftige und ausgewogenen Regelungen brauchen Zeit zum Überlegen. Im Zusammenhang mit dem angesprochenen Terroranschlag sollten daher insbesondere die Ergebnisse der Untersuchungskommission abgewartet werden.
Zehn Gebote guter Kriminalpolitik
Das Netzwerk Kriminalpolitik, das sich aus Vertreterinnen und Vertretern von Justiz, Anwaltschaft, Sozialarbeit, Opfervertretung und Wissenschaft zusammensetzt, hat im Jahre 2017 einen „unstrittigen Grundkonsenses“ festgeschrieben, der über die Parteigrenzen hinweg gelten soll. Die Zehn Gebote guter Kriminalpolitik können hier nachgelesen werden.
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